Bild des Monats Juli 2016

 

 

40 Jahre Fahrzeugsammlung des HOV

 

Fast ist man geneigt so zu beginnen: „Es waren einmal 1976 drei Verkehrsamateure …“, aber das Thema für dieses Bild des Monats ist kein Märchen, sondern Realität: Die Fahrzeugsammlung des gemeinnützigen Hamburger Omnibus Verein e.V. (HOV) kann in diesem Jahr auf 40 Jahre zurückblicken. Und in der Tat waren es 1976 drei am Anfang ihres Berufslebens stehende junge Verkehrsamateure, die sich unter dem Dach des Vereins Verkehrsamateure und Museumsbahn e.V. (VVM) für die Sammlung von historischen Hamburger Straßenbahnen engagierten. Aber sie erkannten auch die Notwendigkeit, die vielfältige Entwicklungsgeschichte des Omnibusses in Hamburg, einem bei vielen Straßenbahnfreunden nicht wohl gelittenen Verkehrsmittel, durch den Erhalt von Originalfahrzeugen vor dem Vergessen zu bewahren. Und Mitte der 1970er-Jahre war in Hamburg die Umstellung der Stadt- und Schnellbusse auf den seit 1968 angebotenen VÖV-Standard nahezu abgeschlossen. Um noch Busse aus der Zeit vor der Standardisierung zu erhalten, war Eile geboten. Der Grundstein für die heutige Sammlung wurde 1976 mit Unterstützung des VVM mit der Beschaffung eines alten HHA-Schnellbusses Magirus-Deutz 150 L 12, Wagen 5712, Baujahr 1967 gelegt. Weitere Busse folgten, meist zum Schrottpreis und in Einzelfällen schon mit einer busfremden Nutzung als Hühnerstall oder Umkleideraum auf einem Sportplatz, einige wurden später zu Ersatzteilspendern. Näheres hierzu auf der HOV-Seite unter „Fahrzeuge“.     .

 

Sammlungsziel war es damals, eines Tages in einem Verkehrsmuseum die Entwicklung des von Hamburg nicht unmaßgeblich mit beeinflussten Omnibusbaus in Westdeutschland anhand von 1:1-Modellen darzustellen. In unserem Bild des Monats erinnern wir gleich an zwei Hamburger Entwicklungen: Im Vordergrund stand am 07.10.1989 der in  den Fahrzeugwerkstätten Falkenried GmbH (FFG) entwickelte und gebaute S 80 (hier Wagen 1983, Baujahr 1979), die Nullserie für den ab 1984 gebauten Mercedes Benz O 405. Dieser Wagen 1983 konnte 2015 auf Hamburgs Straßen zurückkehren. Und dahinter sieht man den V6-Triebwagen 3642 in Einmannausführung, 1952 ebenfalls bei Falkenried gebaut und einer der ersten Großraumwagen mit Fahrgastfluss in Westdeutschland, der für viel Aufmerksamkeit in der Fachwelt sorgte. Dieser Straßenbahnwagen gehörte bis Ende 1985 zur HOV-Sammlung und gelangte dann zurück zur HOCHBAHN, seit 2014 steht er in einem Baumarkt in Hamburg-Lokstedt. Dafür übernahm der HOV diesen S 80. An dem, auf Initiative des mittlerweile verstorbenen Erich Staisch, durch den HVV organisierten Umzug „150 Jahre Stadtverkehr in Hamburg, 1839 – 1989“ nahmen diese beiden Fahrzeuge teil, Versammlungsort für alle teilnehmenden Fahrzeug war das Heiligengeistfeld. 

 

Auch wenn mittlerweile 40 Jahre oder zwei Generationen vergangen sind, besteht dieser Grundgedanke fort. Aber die Sammlung von Omnibussen wollten die damals Verantwortlichen nicht isoliert von den anderen Hamburger Verkehrsträgern wie Straßenbahn, U- und S-Bahn und Alster- und Hafenschifffahrt sehen, die auch über erhaltenswerte Exponate verfügten. Warum das alles nicht in einem Museum zur Nahverkehrsgeschichte in Hamburg zeigen? Was in anderen Städten erfolgreich betrieben wird, gelang bis heute in Hamburg nicht, trotz jahrzehntelanger Bemühungen von Verkehrsfreunden. Kaufmannsdenken und ein nicht vorhandener politischer Wille im Sinne des Vorhabens tätig zu werden oder es gar zu unterstützen, unterbanden alle Bemühungen – bis heute. Und es gab eine Reihe von Anläufen zu diesem Thema. Es begann mit dem 1964 gescheiterten Versuch, die stillliegende Strecke der Walddörfer-Straßenbahn zwischen U Ohlstedt und Wohldorf für einen Museumsbetrieb zu reaktivieren. Von Senatsseite wurde den Interessenten für die „Einrichtung einer Lehreisenbahn auf dem Gelände der Walddörfer Straßenbahn“ bedeutet, dass sie nicht über die Sachkunde und die finanziellen Mittel für ein solches Vorhaben verfügen (Mitteilung des Senats Nr. 127 vom 02.06.1964). Am 07.10.1964 nahm die Bürgerschaft davon Kenntnis. Der nächste traurige Höhepunkt kam 1975, als die durch den VVM erhaltene Sammlung historischer Straßenbahnwagen mit der Stilllegung des Straßenbahn-Betriebshofs Bahrenfeld Hamburg verlassen musste, obwohl andere Betriebshöfe noch Aufnahmekapazitäten aufwiesen. Zur damaligen Situation der Straßenbahn in Hamburg – siehe Bild des Monats März 2016. Und 2014 scheiterte der vorerst letzte Vorstoß, diesmal die verkehrsgünstig gelegenen und verkehrshistorisch interessanten Anlagen des aufgegebenen Jasper-Betriebshofs in Hohenfelde, Mühlendamm, für ein Verkehrsmuseum zu nutzen, insbesondere am Desinteresse der Mehrheitsfraktion in der Hamburgischen Bürgerschaft.

 

Aber immerhin gelang es in Hamburg, mit Hilfe privater Initiativen und hohem finanziellem und persönlichem Einsatz Verkehrsmittel verschiedener Einsatzepochen und Verkehrsträger vor der Verschrottung zu retten. Wieder aufgrund privater Initiative sowie der Zusammenarbeit der verschiedenen Museumsvereine in Hamburg und jetzt mit Unterstützung der im HVV organisierten Verkehrsunternehmen in Hamburg konnte der „Verkehrshistorische Tag“ zu einer festen Einrichtung etabliert werden. Diese seit 2000 einmal jährlich durchgeführte Veranstaltung von historischem Linienverkehr erfreut sich zunehmender Beliebtheit und fand Nachahmer im Bundesgebiet. Am 09.10.2016 wird es in diesem Jahr – zum 16. Mal – wieder soweit sein. Die unstete Verkehrspolitik in Hamburg erlaubte es bis heute nicht, die für die Verkehrsentwicklung in Hamburg über Jahrzehnte prägende Straßenbahn einzubinden. Historische Straßenbahn und moderne Stadtbahn schließen sich gegenseitig nicht aus, wie zahlreiche andere Städte im Bundesgebiet und im Ausland beweisen.

 

Aber zurück zu den Bussen. Auch wenn der Gedanke an ein Nahverkehrsmuseum in Hamburg derzeit nicht realistisch ist - denn es handelt sich in erster Linie nicht um Schiffe, für die Bundesmittel in dreistelliger Millionenhöhe bereit stehen -  setzt der HOV weiter auf die Kooperation mit den anderen Museumsvereinen in Hamburg und den Hamburger Verkehrsunternehmen. Auch wenn die Zeiten vorbei sind, als von Hamburg aus über die HOCHAHN-Tochter Fahrzeugwerkstätten Falkenried GmbH bundesweit ausstrahlende Innovationen im Omnibusbau entwickelt wurden, verblieb es doch bei einigen „Hamburger Besonderheiten“ im Omnibusbetrieb und -bau. Viele Verkehrsfreunde erwarten daher, dass die Sammlung des HOV nicht als abgeschlossen gilt. Eine große Herausforderung. Auch wenn es seit Mitte der 1980er-Jahre gelang, von der HOCHBAHN und anderen Gesellschaften Busse direkt aus dem Betrieb zu erhalten und damit - gegenüber früher - eine bessere Bus-Restsubstanz zu übernehmen, bedeutet jeder Bus regelmäßig anfallende Kosten für Unterstellung und Substanzerhalt, die es – meist privat oder vermehrt durch Einnahmengenerierung - zu erwirtschaften gilt. Auch wenn die Entwicklung zeigt, dass neuere Busse auch neue Mitglieder bedeuten, die sich oft besonders für die neueren Fahrzeugtypen begeistern, dürfen nach unserer Ansicht dabei die älteren Busse der Sammlung nicht aus dem Blick geraten. Ein Spagat, bindet doch die Unterbringung und die Instandhaltung einer wachsenden Fahrzeugsammlung, trotz der Entlastung durch die logistische Unterstützung seitens der HOCHBAHN, erhebliche Geldmittel, die für die Restaurierung älterer, historisch sehr interessanter Busse dann fehlen. Hinzu kommt, dass diese alten Busse, die aus den 1950er und 1960er-Jahren und damit der Zeit vor der Standardisierung stammen, über Mechanik und Technik verfügen, für die es nur noch wenig geschultes Personal gibt. Und nicht mehr jede Buswerkstatt kann mit dieser Technik ohne Diagnosegerät umgehen. Das Wissen dazu ist bei einzelnen Vereinsmitgliedern noch vorhanden, die Weitergabe an Jüngere ist aber immer dann am besten möglich, wenn es dafür engagierte Interessenten gibt und das Fahrzeug „lebt“, also fahrbereit zu halten ist. Dieses Problem teilt der HOV mit vielen Museumsvereinen in Deutschland, die historische Technik erhalten.

 

 

Wie die nachfolgenden Fotos zeigen, wären ältere Fahrzeuge auf Hamburger Straßen nicht nur eine optische Bereicherung, sondern erfahrbare Verkehrsgeschichte. Auf der Buslinie 54 nach Kirchdorf fand man die 1954 von der HOCHBAHN beschafften O 3500 aus dem Hause Daimler Benz (hier: Haltestelle Bf Veddel mit Bus 279 am 23.05.1954). Diese Fahrzeugserie von nur zehn Stück mit Schnauzenmotor,  Heckeinstieg und einem Aufbau auf einem Lkw-Fahrgestell weckte Assoziationen an die Zeit des Omnibusbaus vor dem II. Weltkrieg. Der HOV hat in seiner Sammlung den Wagen HHA 282. Der Wiederaufbau war aus finanziellen und logistischen Gründen bis heute nicht möglich. Es gelang aber 2015, aus Luxemburg einen vergleichbaren Bus in einem Zustand zu erwerben, der zwar noch einen erheblichen Aufarbeitungsaufwand erfordern wird, aber doch erheblich besser als der des 282 ist. Mit dessen Restaurierung wurde schon begonnen. Eine Unterstützung durch aktive Mithilfe oder auch finanzieller Natur könnte die auf mehrere Jahre veranschlagte  Aufarbeitung verkürzen helfen.

 

 

Auch der den Busverkehr im Hamburg der 1960er-Jahre prägende „Saturn II“ von Magirus-Deutz mit seiner Hamburg-Ausstattung ist in der HOV-Sammlung in verschiedenen Ausführungen vorhanden. Problem ist hier in erster Linie nicht die Fahrgastzelle, sondern der Bereich unterhalb des Holzfußbodens, das von der Korrosion schwer geschädigte und für die Stabilität notwendige Netzwerk an Trägern. Der HOV verfügt nicht über Möglichkeiten, um unterhalb des Wagenbodens größere Schweißarbeiten auszuführen. Aber auch ein solcher Linienbus wäre für Hamburg eine Auszeichnung und würde etwas Flair der 1960er-Jahre wieder in Hamburg verbreiten helfen, wie das Foto vom 17.07.1963 zeigt. Als Ersatz für die gerade stillgelegte Straßenbahnlinie 8 (Mittelweg / Alsterchausse – Altona, Neues Rathaus) verkehrte hier die Stadtbuslinie 55, später 115 und heute MetroBus 15. Es ging noch beschaulich zu, als an diesem Tag die Fahrgäste in den HHA 7311 (Baujahr 1963) an der Haltestelle Grindelberg / Beim Schlump einstiegen. Im Hintergrund die Grindelhochhäuser. Das noch nicht durch die heutige Dominanz des privaten Autoverkehrs geprägte Straßenbild – mit Kopfsteinpflaster - muss man sich dann aber zurück erträumen.

 

Der HOV freut über jede Unterstützung – gleich wie groß - in diese Richtung. Melden Sie sich bitte gerne bei uns. Ansprechpartner finden Sie auf unserer Website unter „Kontakt“.

 

 

Text: Lutz Achilles / HOV


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