HHA-Gelenkbus 7211
Daimler-Benz
O 305 G
(2. Serie)
Baujahr:
1982
Serie: 7201-7240 - Inbetriebnahme: 1982,
Ausmusterung: 1992/93
Wagen 7211 auf
dem Betriebshof Wendemuthstraße bei der HHA
(zum
vergrößern bitte auf das Bild klicken)
Fahrzeug-Lebenslauf: |
|
Erstzulassung: |
22.01.1982 - HHA |
2. Vorbesitzer |
Nordhausen |
3. Vorbesitzer |
KVB Osterode |
HOV-Übernahme: |
21.02.2009 (Bus fast 27 Jahre alt) |
Technische Daten: |
|
Fahrgestell und Aufbau: |
Daimler-Benz |
Motortyp: |
OM 407h, geräuschgekapselt |
Leistung: |
240 PS |
Höchstgeschwindigkeit: |
86 km/h |
Getriebe: |
Dreigang-Automatikgetriebe |
Sitz- / Stehplätze: |
61 / 103 |
Stehplatzfläche: |
5,4 m² |
Stehplatzfläche je Pers.: |
0,1 m² |
Fahrzeuglänge: |
18,55 m |
Eigengewicht: |
9700 kg |
Auf
der Basis der Erfahrungen mit dem von den Hamburger „Fahrzeugwerkstätten
Falkenried (FFG)“ entwickelten Schubgelenkbus-Prototyp „1981“ von 1975 nahm Daimler-Benz
1978 die Serienfertigung eines neuen Schubgelenkbusses auf.
Voraussetzung
für das bahnbrechende Konzept eines vom Motor im Heck geschobenen
Standardlinien-Gelenkbusses war die Entwicklung der sog. „Knickwinkelsteuerung“
durch FFG. Eine ausgeklügelte Elektronik verhindert, dass das Gelenk über einen
bestimmten Winkel hinaus einknicken kann und der Bus dadurch Schaden nimmt oder
manövrierunfähig wird. Bis dahin gab es am Markt nur Gelenkbusse, deren Motor
unter dem Fußboden des Vorderwagens angeordnet war und der die mittlere Achse
antrieb. Der leichte Nachläufer war antriebslos und wurde gezogen, hatte meist
einen unruhigen Lauf. Daimler-Benz bot derartige Busse nicht selbst ab Werk an,
sondern ließ sie auf Kundenwunsch von der Karosseriefabrik Vetter in Fellbach
karossieren. Erst nach der Erfindung der Knickwinkelsteuerung entschloss sich
Daimler-Benz, das Patent zu erwerben und fortan Schubgelenkbusse in Serie zu
produzieren. Die anderen Hersteller sprangen auf diesen Zug auf, durften aber diese
Konstruktion nicht verwenden. So war zwar bei MAN und Magirus-Deutz der Motor
künftig im Heck angeordnet, er trieb aber nach wie vor die mittlere Achse an.
Dieses änderte sich bei MAN erst 1990 nach Ablauf des Patenschutzes.
Die
Knickwinkelsteuerung wurde zunächst an einem Versuchsträger erprobt, dessen
Vorderwagen aus dem 1972 entstandenen „urbanbus“
(welcher seinerzeit als Niederflurbus aus dem 100. Magirus-Deutz 170 S 10 H,
Wagen 5124 von 1971 der HHA gebaut worden war) stammt und dessen Nachläufer aus
dem hinteren Teil eines DB O 305 bestand. Er war unter der HHA-Wagennummer
„1981“ viele Jahre auf der Linie 117 im Einsatz und wurde auf Anweisung des
Bundesministeriums für Forschung und Technologie (BMFT) im Januar 1983
verschrottet. Das gleiche Schicksal ereilte die ebenfalls vom BMFT geförderten
Wagen 1980 (VÖV II-Prototyp von 1976) bereits im Juli 1982 und Wagen 1982
(Ü80-Prototyp von 1979) später 1985.
Konstruktiv
hatte man bei Daimler Benz neben dem Einbau der Knickwinkelsteuerung nicht viel
am Standardlinienbus verändert. Für den bei FFG entwickelten Prototyp eines „O
305 G“ schnitt man 1976 einfach die beiden HHA-Wagen 1768 und 1769 durch und
fügte nach der Hinterachse des Wagens 1768 und ein Fensterfeld vor der
Mitteltür des Wagens 1769 das Gelenk ein. Dieser Prototyp wurde ausgiebig –
auch in Amerika – getestet und kam 1979 auf der IVA ´79 erneut zu Ehren, als er
- zum ersten mit Stromabnehmern versehenen „Duo-Schubgelenkbus“ umgebaut - der
Fachwelt präsentiert wurde. Er war dann viele Jahre in Esslingen als Wagen
„305“ im Einsatz. Später wurden die elektrischen Teile wieder ausgebaut und der
Bus bei der Firma Ruoff in Waiblingen bei Stuttgart als Schulbus eingesetzt. Ab
1996 diente er, mit einem neuen Turboladermotor
ausgerüstet, bei der Firma Metz in Schweinfurt als Schulbus. Von dort wurde er
2005 von einem HOV-Mitglied „in einem Rutsch“ und mit viel Turbo-Schub über die
Kasseler Berge nach Hamburg zurück überführt mit dem Ziel, diesen aus zwei
HHA-Stadtbussen zusammengesetzten Urahn aller Schubgelenkbusse museal zu
erhalten. Leider hatte die Substanz des Fahrzeugs in knapp 30 Jahren doch so
sehr gelitten, dass eine Wiederherstellung bei FFG ca. 500.000 Euro gekostet
hätte. Dies war letztlich sein Todesurteil – auch zum Leidwesen vieler Fans dieses
Fahrzeugs aus dem süddeutschen Raum. So galt es, ein anderes Fahrzeug zu
finden.
Die
HHA entschied sich, die letzte, zum 1.10.1978 eingestellte, sehr stark
frequentierte Straßenbahnlinie 2 durch erstmals zu beschaffende Gelenkbusse zu
ersetzen. Immerhin boten diese Fahrzeuge statt 29 Sitzplätzen eines
Straßenbahn-Solotriebwagens sogar 63 Sitzplätze – mehr, als ein ganzer
Straßenbahnzug. Die ersten 25 Busse wurden im Frühjahr 1979 geliefert und in
einer großen Zeremonie am 1.4.1979 in Betrieb genommen. Nach den Wagen
7001-7025 kamen wegen der enormen Fahrgastnachfrage Ende 1979 noch zehn
vollkommen baugleiche Fahrzeuge hinzu (7026-7035). Charakteristisch für diese
erste Serie war, dass bis auf die ersten sechs Wagen (7001-7006) alle zu
POP-Bussen umlackiert wurden, zum großen Teil sogar
schon in den Grundfarben ihrer ersten Vollwerbung ausgeliefert wurden. Die
Ausstattung der Fahrzeuge war sehr umfassend. So hatten sie erstmals
geräuschdämmende Lochraster-Innendecken und grüne Wollplüschsitze (bis 1977
Kunstleder).
Nach
den sehr guten Erfahrungen mit Schubgelenkbussen auf der Linie102 entschloss
sich die HHA 1982, drei weitere, stark frequentierte Buslinien auf
Gelenkbusbetrieb umzustellen:
-
Linie 105
– Hauptbahnhof – Wilhelmsburg - Kirchdorf als Vorläufer der S 3,
-
Linie 108
– U Rödingsmarkt – U Borgweg
und
-
Linie 164
– U Wandsbek-Markt – S Rahlstedt
Zu
diesem Zweck wurde eine weitere Serie von vierzig DB O 305 G (7201-7240)
beschafft. Da sie ursprünglich nicht für Hamburg gebaut worden waren sondern
für Köln gebaut wurden, hatten sie als „Sparausstattung“ braunes
Kunstlederpolster, holzgemaserte Seitenwandverkleidungen, die normalen, glatten
Innendecken, keine Nebelscheinwerfer, keine Lenkradverstellung und vor allem
keine Geräuschkapselung des Motors. Die vom Btf. Hummelsbüttel aus auf der Linie 108 eingesetzten Wagen
7201-7213 erhielten gleich ihre Dachsender über der Einstiegstür für das
RBL-System, mit dem auch die Wagen 7001-7035 für die Linie 102 nachgerüstet
worden waren. Dagegen erhielten die auf dem Btf. Wendemuth stationierten Wagen 7214-7240 für die Linien 105
und 164 nur die normalen Telefunken-Funkgeräte.
Alle
75 DB O 305 G der Baujahre 1979 und 1982 wurden 1992/93 ausgemustert und durch
75 Niederflur-Schubgelenkbusse des Typs MB O405 GN ersetzt (7101-7147 +
7301-7328). Zwar wurde der Wagen 7001 insoweit einmal für eine museale
Erhaltung vorgesehen, als dass der Käufer sich verpflichten musste, das
Fahrzeug nach seiner Restnutzungsdauer der HHA zum Rückkauf anzubieten, dazu
ist es aber leider nicht gekommen, Stattdessen wurde der Bus nach Portugal
exportiert, wo er ca. 2003 verschrottet wurde.
Dagegen
wurden 2/3 aller 75 Busse in Mainz bei der Firma FRT einer Generalüberholung
für den Export nach Bulgarien unterzogen. Sie erhielten neben dem Austausch von
Verschleißteilen u.a. neue Fußböden, Leitungen, Beplankungen
und einen Neulack des rot-weißen Bereichs unter den
Fenstern in orange. Einer dieser Busse war auch der Wagen 7211, der aus
unerfindlichen Gründen aber nicht nach Bulgarien gelangte, sondern nach
Nordhausen am Harz. Nach einigen Jahren Linienverkehr dort wurde er an die
„Kreisverkehrsbetriebe Osterode“ abgegeben, die ihn bis Oktober 2008 als
Schulbus einsetzten. Der Bus hatte nach seiner Generalüberholung 1993 nur
insgesamt 70.000 km zurückgelegt! Er war immer in einer Halle untergestellt und
befand sich so zum Zeitpunkt der Auflösung dieses Unternehmens in einem für das
Alter des Fahrzeugs ausgezeichneten Zustand. Unvergleichlich besser, als die in
Sofia vollkommen verschlissenen Fahrzeuge, die auch in 2010 noch dort im
Stadtverkehr anzutreffen waren! Der gesamte Omnibus-Fuhrpark und alle
Omnibus-Ersatzteile der KVB Osterode wurden im November 2008 von einem
Schrotthändler zur Verwertung übernommen. Von dort gelang es einem
HOV-Mitglied, durch finanzielle Vorleistung den Wagen 7211 am 21. Februar 2009
für den HOV nach Hamburg zurückzukaufen.
Es
wäre schade, wenn nicht in Hamburg, der Geburtsstadt des Schubgelenkbusses, ein
Fahrzeug dieser ersten Generation erhalten bliebe. Daneben gibt es u.a. noch
einen bei den Stadtwerken Lübeck und einen bei den Stuttgarter Straßenbahnen,
jeweils vom Baujahr 1984.
Weitere
Informationen zu diesem Fahrzeug und über den HOV beim:
Hamburger Omnibus Verein e.V., www.hov-bus.de
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